Irrenanstalt

Irrenanstalt
irr‹e›:
nhd. irre »verirrt; verlustig, frei von; ketzerisch; wankelmütig, unbeständig, untreu; erzürnt; ungestüm; uneinig, verfeindet«, ahd. irri »verirrt; verwirrt; erzürnt«, got. aírzeis »verirrt, verführt«, aengl. ierre »irrend; verirrt; verkehrt; ketzerisch; verwirrt; zornig«. Das altgerm. Adjektiv ist näher verwandt mit der Sippe von lat. errare »umherirren; sich verirren; schwanken; sich irren« und geht mit der unter rasen dargestellten Wortgruppe auf die idg. Wurzelform *er‹ə›s- »sich ‹schnell, heftig oder ziellos› bewegen« zurück (vgl. rinnen). Der Begriff des Irrens und der Begriff der seelischen Erregtheit beruhen also auf der Vorstellung der heftigen oder ziellosen Bewegung. – Die Bed. »psychotisch wirkend, verstört«, in der das Adjektiv heute als diskriminierend empfunden wird, hat sich erst in nhd. Zeit entwickelt. An diesen Sinn von »irr‹e›« schließen sich die Bildungen Irre »psychotischer Mensch« und die Zusammensetzungen Irrenanstalt (19. Jh.), Irrenhaus (18. Jh.) an, beachte auch die Zusammensetzung Irrsinn (17. Jh.), dazu irrsinnig (19. Jh.). In der ursprünglichen Bedeutung gruppieren sich um das Adjektiv die Bildungen Irre (mhd. irre »Verirrung; Irrfahrt«, beachte got. aírzei »Verführung«), irren (mhd. irren, ahd. irrōn, daneben ein transitives irran; beachte die Zusammensetzungen beirren und sich verirren), irrig (mhd. irrec »zweifelhaft; hinderlich«), Irrtum (mhd. irretuom, ahd. irrituom »Irrglaube«, dann säkularisiert »Zwistigkeit, Streit, Hindernis, Schaden; Versehen«) und die Zusammensetzungen Irrfahrt (mhd. irrevart), Irrgarten (16. Jh.), Irrlehre (17. Jh.), Irrlicht (17. Jh.; vermutlich nach der unruhigen Bewegung benannt), Irrwisch »Irrlicht« (16. Jh.; zum 2. Bestandteil vgl. Wisch).

Das Herkunftswörterbuch . 2014.

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